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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Staats- und Bürgerkunde - S. 58

1910 - Wittenberg : Herrosé
58 29. Die Rechte und Pflichten des Staats- bürgers. Jeder Bürger im Staate hat den Schutz für seine persönliche Freiheit, sein Vermögen, seine Teilnahme an der Arbeit für die Wohlfahrt des Staates zu beanspruchen. Diese Rechte fallen mit der Staatsangehörigkeit zusammen. Seine bürgerlichen Rechte können durch richterliches Urteil aberkannt werden. Dadurch verliert der Betreffende die aus öffentlichen Wahlen hervorgehenden (Stadtverordneter, Landtags- und Reichstags- abgeordneter usw.) Rechte, Ämter, Würden, Titel, Ehrenzeichen und für die Dauer das Recht, 1. die Landeskokarde zu tragen, 2. in das Heer einzutreten, 3. öffentliche Ämter, Würden, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen, 4. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben, 5. Zeuge bei der Aufnahme von Urkunden zu sein, 6. Vormund, Rebenvormund, Pfleger, gerichtlicher Beistand zu sein. Wer Zuchthausstrafe gehabt hat, ist ohne weiteres vom Heeresdienste und der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen. Daher hüte sich ein jeder vor Missetaten, die den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben, er ist für sein ganzes Leben gebrandmarkt. Die Rechte nach der Verfassung sind im einzelnen: a) Gleichheit vor dem Gesetz. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind für alle dazu Befähigten zugänglich. b) Gewährleistung der persönlichen Freiheit. Jeder Bürger ist frei und darf nur auf Grund eines richter- lichen Befehls in seiner Freiheit beschränkt, d. h. verhaftet verden. Rur in Ausnahmefällen hat die Polizei das Recht, eine sofortige Verhaftung vorzunehmen. Wer einen anderen widerrechtlich in seiner persönlichen Freiheit beschränkt, wird wegen Freiheits- beraubung bestraft, also auch der Polizeibeamte, der jemand unberechtigterweise verhaftet. Mit der persönlichen Freiheit hängt die Freizügigkeit, die Freiheit der Auswanderung zusammen. Sie kann nur im Inter- esse der Sicherheit des Landes, also in bezug auf den Heeres- dienst beschränkt werden.

2. Staats- und Bürgerkunde - S. 112

1910 - Wittenberg : Herrosé
112 Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt werden. Artikel 26. Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden. Artikel 27. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäfts- gang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer. Artikel 28. Der Reichstag beschließt mit absoluter Stim- menmehrheit. A r t i k e l 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesamten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht ge- bunden. A r t i k e l 30. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend- einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes getanen Äußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden. Artikel 31. Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Unter- suchungs- oder Zivilhaft für die Dauer der Sitzungsperiode auf- gehoben. Artikel 32. Die Mitglieder des Reichstages dürfen als solche keine Besoldung beziehen. Sie erhalten als solche eine Ent- schädigung nach Maßgabe des Gesetzes. Vi. Zoll- und Handelswefen. Artikel 33. Deutschland bildet ein Zoll- und Handels- gebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundes- staates befindlich find, können in jeden anderen Bundesstaat ein- geführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur insoweit unter- worfen werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen. Artikel 35. Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesamte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundes- gebiete gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeug- nissen dargestellten Zuckers und Sirups. In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Bieres der Landsgesetzgebung vorbehalten. Artikel 36. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 35) bleibt jedem Bundesstaate, soweit der- selbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen. A r t i k e l 38. Der Ertrag der Zölle und der anderen in

3. Staats- und Bürgerkunde - S. 61

1910 - Wittenberg : Herrosé
61 der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle, welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte: „Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r». c) Unverletzlichkeit der Wohnung. Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t ergreifen oder Straftaten zu ermitteln. d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses. Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte: „In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden." Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten). e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre. Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur, wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind öffentliche Beamte. Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor- gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden. f) Recht der freien Meinungsäußerung. Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck, Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben. Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet. Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf- gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs- äußerung ist beschränkt. Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an- gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur. Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden. i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht. In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 62

1910 - Wittenberg : Herrosé
62 eine Reihe von Beschränkungen waren, die der Polizeigewall einen weitgehenden Einfluß auf die Versammlungs- und Vereinstätigkeit gestattete, ist durch das Reichsvereinsgesetz die Freiheit bedeutend erweitert. Alle landesgesetzlichen Beschränkungen sind aufgehoben und das Bereinsrecht auch den Frauen eingeräumt. Beschränkungen erleiden nur noch die Veranstaltungen, welche mit einer Gefahr- für Leben und Gesundheit der Teilnehmer verknüpft sind. Auf- gelöst werden nur solche Vereine, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft. Vereine, welche eine Einwirkung auf politische Angelegen- heiten bezwecken, müssen einen Vorstand und eine Satzung haben. Mitglieder des Vorstandes und die Satzungen sind innerhalb 14 Tagen nach der Gründung der Polizeibehörde einzureichen, die eine Bescheinigung darüber erteilt. Ebenso sind alle Änderungen der Statuten anzuzeigen. Satzungen und Änderungen müssen in deutscher Sprache abgefaßt sein. Wenn in Wahlzeiten eine Gruppe von Leuten zusammen- tritt zur Förderung der Wahl, so ist das kein politischer Verein. Jede politische Versammlung muß entweder 24 Stunden vorher der Polizeiverwaltung angezeigt, oder durch öffentliche Anzeige in der Zeitung oder durch Anschlag bekanntgegeben sein. Zeit und Ort der Versammlung sind genau zu bestimmen. Besprechungen zu Wahlzwecken oder von Arbeitern zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen fallen nicht unter die Anzeigepflicht. Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Auf- züge auf öffentlichen Plätzen oder Straßen bedürfen der Ge- nehmigung der Polizeibehörde. Sie darf nur versagt werden, wenn aus der Abhaltung der Versammlung oder der Veran- staltung des Aufzuges Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist. Der Versammlungsleiter hat für Ruhe und Ordnung zu sorgen, er kann die Versammlung auflösen. Das Tragen von Waffen in solchen Versammlungen oder Aufzügen ist im allgemeinen verboten. Die Verhandlungen sind in deutscher Sprache zu führen. Rur in den zweisprachigen Landesteilen, in denen die nichtdeutsche Bevölkerung mehr als 60 °/rt der Bewohner beträgt, kann bis 1928 (20 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes) der Mit- gebrauch der anderen Sprache gestattet werden. Der Veranstalter ist jedoch verpflichtet, dreimal 24 Stunden vor Beginn der Polizei- behörde Anzeige zu machen und dabei anzugeben, in welcher Sprache verhandelt wird. Die Polizei darf in diese Versammlungen einen Beauftragten entsenden, der sich dem Leiter als solcher vorzustellen hat. Ihm muß ein angemessener Platz eingeräumt werden. Der Beauftragte kann die Versammlung unter folgenden Gründen auflösen:

5. Staats- und Bürgerkunde - S. 114

1910 - Wittenberg : Herrosé
114 Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichskaffe bestritten. Artikel 64. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche Handelsmarine. Artikel 55. Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine ist schwarzweihrot. X. Konsulatwesen. Artikel 56. Das gesamte Konsulatwesen des Deutschen Reichs steht unter der Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrates für Handel und Verkehr, anstellt. Xi. Reichskriegswefen. Artikel 57. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen. A r t i k e 1 58. Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegs- wesens des Reichs sind von allen Bundesstaaten und ihren An- gehörigen gleichmäßig zu tragen. A r t i k e 1 59. Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere, die folgenden fünf Lebens- jahre der Landwehr ersten Aufgebots und sodann bis zum 31. März des Kalenderjahrs, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird, der Landwehr zweiten Aufgebots an. Artikel 63. Die gesamte Landmacht des Reichs wird ein einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem Befehle des Kaisers steht. A r t i k e 164. Alle deutschen Truppen sind verpflichtet, den Be- fehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflich- tung ist in den Fahneneid aufzunehmen. Der Höchstkommandierende eines Kontingents, sowie alle Offi- ziere. welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und alle Festungskommandanten werden von dem Kaiser ernannt. Die von Demselben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid. Bei Generalen und den Eeneralstellungen versehenden Offizieren innerhalb des Kontingents ist die Ernennung von der jedes- maligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen. Artikel 66. Wo nicht besondere Konventionen ein anderes bestimmen, ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate die Offiziere ihrer Kontingente. Xii. Reichsfinanzen. Artikel 69. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reichs müssen für jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichshaushalts- etat gebracht werden. Letzterer wird vor Beginn des Etatsjahres nach folgenden Grundsätzen durch ein Gesetz festgestellt.

6. Staats- und Bürgerkunde - S. 115

1910 - Wittenberg : Herrosé
115 Artikel 70. Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Aus- gaben dienen zunächst die aus den Zöllen und gemeinsamen Steuern, aus dem Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen sowie aus den übrigen Verwaltungszweigen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen. Insoweit die Ausgaben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche in Höhe des budgetmäßigen Betrags durch den Reichskanzler ausgeschrieben werden. Insoweit diese Beitrüge in den Überweisungen keine Deckung finden, sind sie den Bundesstaaten am Jahresschluß in dem Maße zu erstatten, als die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reichs dessen Bedarf übersteigen. Artikel 72. über die Verwendung aller Einnahmen des Reichs ist durch den Reichskanzler dembundesrate und dem Reichs- tage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen. A r t i k e l 73. In Fällen eines außerordentlichen Bedürf- nisses kann im Wege der Reichsgesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe, sowie die Übernahme einer Garantie zu Lasten des Reichs erfolgen. Xiv. Allgemeine Bestimmungen. Artikel 78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben. Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche be- stimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamtheit festgestellt sind, können nur mit Zustimmung des be- rechtigten Bundesstaates abgeändert werden. B.: Verfassung und Verwaltung von Reich und Staat. 54. Ursachen des Verfalls des alten Deutschen Reiches. 2n alter Zeit wurde der Kaiser vom ganzen Volke gewählt. Jeder hatte seinen Anteil daran. Je größer nun die Genossen- schaften wurden, um so schwieriger wurde die Wahlhandlung. Die Folge davon war, daß viele, besonders ärmere, die nicht die Mittel hatten, weite Reisen zu machen, einfach zu Hause blieben. So ging die Wahl allmählich aus den Händen des Volkes in die der Fürsten über. Das war für Kaiser und Reich eine ver- hängnisvolle Sache. Die Macht dieser Kur- und Wahlfürsten wurde zum Schaden des Reiches immer größer. Wer den Kaiser- thron erlangen wollte, mußte sich um ihre Gunst bewerben, ihnen möglichst viele Wünsche erfüllen und versprechen, kaiserliche Rechte, wie z. B. das Münzrecht, Bergwerksregal, Stadt- und Marktrecht an sie abtreten zu wollen. War ein Kaiser zu wählen, so berief der Erzbischof von Mainz als Erzkanzler des Reichs die Fürsten zur Wahlversammlung. 8*

7. Staats- und Bürgerkunde - S. 66

1910 - Wittenberg : Herrosé
66 Durch das Reichsrecht ist der König mehrere rvichiige Atachtvollkommenheiten losgeworden, die dem Deutschen Kaiser übertragen sind. (Siehe dort.) Der einzelne deutsche Staat hat zwar noch Gesandtschaften (Vertretungen), aber die Vertretung des Reichs nach außen steht doch nur dem Kaiser zu. Unser König ist unverantwortlich nach zwei Richtungen: 1. Er ist politisch unverantwortlich, d. h. er kann in keiner Weise wegen einer Regierungshandlung zur Rechenschaft gezogen werden. Der König steht über den Parteien und darf nicht in die Streitigkeiten hineingezogen werden. Daher muß der Minister die Verantwortung übernehmen und gegenzeichnen. Sonst könnte leicht die Unverantwortlichkeit zur Willkür werden. 2. Er ist strafrechtlich unverantwortlich undun- verletzlich, d. h. kein Gerichtshof kann ihn wegen irgendeiner Handlung zur Verantwortung ziehen. Dazu hat der König noch eine Reihe von Ehrenrechten: 1. den Titel „Majestät". Dieser stammt aus dem römischen Reiche. Er wurde den römischen Kaisern beigelegt und ging später auf die deutschen Kaiser über. Seit dem 16. Jahrhundert nahmen auch die Regenten der Kleinstaaten diesen Titel an. Ferner führt er die Bezeichnung „von Gottes Gnaden". Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der Monarch sein Recht von keinem auf der Welt ableite und nur Gott allein, d. h. seinem Gewissen, für seine Handlungen verantwortlich sei. Im Jahre 1849 wurde der Antrag gestellt, diese Bezeichnung zu streichen. Er wurde mit Recht abgelehnt. Der Ausdruck ist auf geschichtlichem Boden erwachsen und bedeutet nur, daß der König nicht „von Volkes Gnaden" König ist. Abzuweisen sind jene Vorstellungen, die mit dieser Bezeichnung eine übermenschliche Einrichtung andeuten wollen und den König zum Statthalter Gottes auf Erden machen. So war es in Frankreich zur Zeit Ludwigs Xiv. Fernere Ehrenrechte: 2. diejenigen auf bestimmte Insignien, Krone, Zepter, Reichs- apfel und Schwert; 3. Die höchsten militärischen Ehren, Hofstaat, Hofzeremonien. 4. die Fürbitte im Kirchengebei. 5. die Landestrauer beim Tode des Monarchen. Durch Gesetz vom 14. April 1903 ist dafür bestimmt: a) 14 Tage lang werden mittags die Glocken der Kirchen von 12 bis 1 Uhr geläutet. b) Vier Tage lang vom Sterbetage an und am Tage der Bei- setzung sind alle öffentliche Musik, öffentlichen Lustbarkeiten und Schauspielvorstellungen einzustellen. o) Zuwiderhandlungen werden mit 60 bis 150 Mk. bestraft.

8. Staats- und Bürgerkunde - S. 69

1910 - Wittenberg : Herrosé
69 zur Rechenschaft gezogen werden. Durch „Resolutionen" werden ihnen die Wünsche zur Befolgung mitgeteilt. Sie haben aber dann unbedingt Folge zu leisten, wenn der König es genehmigt. Jeder Minister ist in seinen Anordnungen unabhängig. Jedes Ministerium ist in mehrere Abteilungen geteilt. An der Spitze jeder Abteilung steht ein Ministerialdirektor, dem zur Seite eine Reihe von Geheimräten stehen. Das Staatsministerium ist das Kollegium der Minister, das unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten Beratungen hält. Für diese Verhandlungen sind bestimmt: 1. Entwürfe zu neuen Gesetzen und deren Abänderung, Ver- waltungspläne. Es mutz vollständige Übereinstimmung herrschen; 2. Begründung einer Regentschaft; 3. Erlatz der Notverordnungen (Verordnungen im Falle einer Notlage des Staats); 4. Verhängung des Belagerungszustandes über einen Ort bzw. über ein Gebiet; 5. Auflösungen von Gemeindevertretungen; 6. Letzte Entscheidung über Disziplinarstrafen für Beamte. Wenn das Staatsministerium unter dem Vorsitze des Königs tagt, so heitzt es Kronrat. Gegenwärtig haben wir folgende Ministerien: 1. Der auswärtigen Angelegenheiten. Dieses Ministerium regelt die Beziehungen unseres Staates zu den anderen Mächten. Daher sind diesem Minister die Botschafter, Gesandten, Konsuln usw. unterstellt. 2. Des Krieges. Ihm ist die Verwaltung des ganzen Heer- wesens übertragen. 3. Des Kultus der geistlichen, Unterrichts- und^Medizinal- Angelegenheiten. Hier werden sämtliche Angelegenheiten der Kirchen, Schulen und Medizinal- oder Gesundheitsangelegenheiten erledigt. 4. Der Justiz. Ihm gehört die Rechtspflege im Staate; sämtliche Gerichte, Rechtsanwälte usw. hat es in ihrer Tätigkeit zu überwachen und zu leiten. 5. Des Innern. Hier werden sämtliche Verwaltungs- angelegenheiten, die das innere Wohl des Staates betreffen, das Polizeiwesen, das Verwaltungswesen erledigt. 6. Der Finanzen. Zu dem Arbeitsgebiet dieses Ministeriums gehört das gesamte Steuerwesen. 7. Für Handel und Gewerbe. Ihm gehört die Pflege des Handels und des Gewerbes mit allen Einrichtungen. Für das Gewerbe ist besonders das Landes-Gewerbeamt eingerichtet, welches besonders das gewerbliche Fach- und Fortbildungsschul- wesen leitet und überwacht. 8. Der Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Aus dem Namen geht schon der Kreis seiner Tätigkeit hervor.

9. Staats- und Bürgerkunde - S. 119

1910 - Wittenberg : Herrosé
119 alles, was von der alten Größe des deutschen Königtums übrig- geblieben war. Fast alle Hoheitsrechte und Machtbefugnisse waren auf die einzelnen Landesherren übergegangen. Sie regierten in ihren Ländern, ohne sich um Kaiser und Reich zu kümmern, sperrten ihre Gebiete durch Grenzzölle oder Ein- und Ausfuhr- verbote gegeneinander ab und mißbrauchten ihr Münzrecht dazu, das Reich mit wertlosen Münzen zu überschwemmen. Der Kaiser aber war außerstande, gegen jedes Unwesen dieser Art wirksam einzu- schreiten. Aus eigner Machtvollkommenheit konnte er überhaupt nichts gegen die Reichsstände unternehmen, sondern bedurfte der Zustimmung des Reichstages. Diese war jedoch nur schwer zu erreichen. Auf dem Reichstage erschienen der Kaiser und die Reichs- stände nicht mehr persönlich, wie das früher geschehen war, sondern ließen sich dort durch Gesandte vertreten. So wurde der Reichs- tag zu einer Versammlung der Abgesandten der Fürsten und Reichsstädte, die seit 1663 jahraus, jahrein in Regensburg tagte. Da die Gesandten in ihren Entschlüssen von der Anweisung ihrer Herren abhängig waren, die sie jedesmal erst einholen mußten, so läßt sich denken, wie sehr die Entscheidungen des Reichstages sich verzögerten. Die größte Verschleppung aber ward dadurch herbeigeführt, daß die Verhandlungen in drei Kollegien geschahen, dem kurfürstlichen, dem fürstlichen und dem reichsstädtischen. Waren die einzelnen Kollegien nach langen Erwägungen jedes für sich zu einem Schlüsse gekommen, so war damit noch wenig gewonnen. Denn nun kam es darauf an, aus den einzelnen Beschlüssen einen gemeinsamen Reichsbeschluß zu bilden. Führten die Verhandlungen zwischen den beiden höheren Ständen zu keinem Ergebnis, so war damit die Sache meist zu Grabe getragen; gelangten sie zu einem Einverständnis, so begannen dieselben Unterhandlungen mit den Reichsstädten. Es kam nicht selten vor, daß jedes der drei Kollegien seine besondere Meinung hatte, und dann war selbstverständlich an eine Erledigung nicht zu denken. Aber auch wenn zwei von ihnen sich einigten, kam in der Regel kein Beschluß zustande. Weder die Reichsstädte wollten sich voll den beiden höheren Ständen überstimmen lassen, noch die letzteren zugeben, daß jene mit einem von ihnen eine Mehrheit bildeten, der sich der andere zu fügen hätte. Wie langsam der Reichstag zu Regensburg seine Entschei- dungen traf, und wie erfolglos sie waren, zeigte sich deutlich zu Beginn des Siebenjährigen Krieges. Erst 1757 kam mit Hilfe französischen Goldes ein Mehrheitsbeschluß gegen Friedrich den Großen zustande, durch den die Reichserekution und dann die Reichsacht über ihn ausgesprochen wurde. Erst im Oktober 1757, nachdem der Krieg bereits länger als ein Jahr gedauert hatte, begab sich der kaiserliche Notar in die Wohnung des preußischen Gesandten zu Regensburg, um ihm jenen Beschluß auszuhändigen. Dieser aber wußte, wie wenig solche Beschlüsse zu bedeuten hatten.

10. Staats- und Bürgerkunde - S. 74

1910 - Wittenberg : Herrosé
74 Die Urwähler wählen die Abgeordneten nicht direkt, sondern indirekt, indem sie zwei Vertrauensmänner oder Wahlmänner- nennen, die die Wahl des Abgeordneten vollziehen sollen. Acht Tage nach der Urwahl vollziehen dann die Wahlmänner die Wahl des Abgeordneten in derselben Weise. Beamte bedürfen als Abgeordnete keines besonderen Urlaubes. Das Wahlrecht ist ein Ehrenrecht, welches jedem Bürger ver- liehen ist, und er hat daher auch die Ehrenpflicht, dieses Recht auszuüben. Wenn er sich aus Gleichgültigkeit von den Wahlen fernhält, so ladet er eine schwere Schuld auf sich; denn von dem Ausfall der Wahl hängt das Wohl und das Geschick unseres Vaterlandes ab. Denn die Gesetze, welche im Landtage zustande kommen, hängen ab von der Gesinnung der beratenden Ab- geordneten. Sitzen dort nicht Männer mit gemeinnütziger, sondern egoistischer Denkart, so wird dem Vaterla^de Schaden getan. So sollte einiges Nachdenken über das Wahlrecht jedem das Bewußt- sein der Verantwortlichkeit stärken und ihm zeigen, daß jeder des Glückes Schmied unseres Vaterlandes ist und sein kann. Die Wahlperiode dauert fünf Jahre. Man nennt sie auch Legislaturperiode. Nach Ablauf derselben erlischt das Amt des Abgeordneten von selbst. 35. Der Geschäftsgang des Landtages und die Abgeordneten. Der Landtag wird vom Könige einberufen, er kann nicht selbst zusammentreten. Die Einberufung soll geschehen von Mitte November bis Mitte Januar. Gesetzesvorlagen können von der Regierung, aber auch von den Abgeordneten eingebracht werden. Abgelehnte Vorlagen dürfen in derselben Sitzungsperiode nicht wieder eingebracht werden. Wichtigere Gesetze werden erst in der Kommission, dann im Plenum beraten. Bei der letzteren haben wir eine General- debatte über die Grundzüge des Gesetzes und eine Spezialdebatte über die einzelnen Bestimmungen. Die Sitzungen des Land- tages sind öffentlich, damit jeder im Lande von den Ver- handlungen Kenntnis erlangen kann. Der Wortlaut der Reden und Anträge wird durch stenographische Berichte sichergestellt. Wahrheitsgetreue Berichte über Landtagsverhandlungen sind von jeder Verantwortlichkeit frei. Der König kann den Landtag vertagen, d. h. auf bestimmte Zeit unterbrechen. Soll diese Zeit länger als 30 Tage dauern, so muß der Landtag die Zustimmung geben. Er kann den Landtag schließen, d. h. die Verhandlungen vorläufig abbrechen lassen, er kann ihn aber auch auflösen, d. h. die Legislaturperiode vorzeitig beendigen. Damit verliert der Abgeordnete seinen Charakter als Volksvertreter. In diesem
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